Montag, 13. Mai
Wir geniessen das selbstgemachte zMorge und unser schönes Zimmer. Ich nodere in den verschiedensten Unterlagen zu Seattle herum und erstelle eine A5-grosse Liste, was wir hier alles machen wollen/können. Seattle hat wirklich viel zu bieten!
Einer unserer "must-do" Punkte ist der Besuch des Museum of Flight. Also ich bin noch ein bisschen skeptisch - aber als ich sehe, dass hier die Airforce No 1 steht, mit der Präsident John F. Kennedy herumgeflogen ist, will auch ich unbedingt hier hin.
Wir entscheiden uns für die Fahrt mit dem ÖV, der Bus fährt ganz in der Nähe unseres Hotels und hält direkt vor dem Museum. Der Bus fährt alle 30 Minuten, es spricht also nichts dagegen, den zu nehmen.
Es klappt auch alles hervorragend. Leider fährt unser Bus immer auf der normalen Strasse - es gibt hier in der Innenstadt nämlich extra einen Tunnel nur für Busse - also eine Art U-Bahn mit Bussen - aber eben, wir fahren oberirdisch. Schade.
Im Museum gehen wir zuerst aufs Airfield mit den grossen Flugzeugen. Hier steht eben die Airforce No 1, und auch eine Concorde der British Airways. Also nichts wie hinein in die Airforce No 1. Besonders komfortabel war das Flugi ja nicht, verglichen mit der heutigen Ausstattung einer normalen First-Class-Kabine. Aber es ist doch recht eindrücklich, einmal wie Jacky Kennedy die Treppe hinunterzusteigen... (im Hintergrund ist mein Bodyguard...)
Hier gibt es ausserdem einige Ausstellungsstücke zum Space Shuttle, aber viel Zeit verbringen wir in dieser Abteilung nicht. Lustig ist die ausgestellte Space-Shuttle-WC-Anlage, das scheint eine schwierige Angelegenheit zu sein ohne Erdanziehungskraft...
Wir schauen uns die Ausstellungen getrennt an, so kann jeder da Zeit verbringen, wo es ihn mehr interessiert.
Ich besuche zuerst die Ausstellung über die Gründung der Boeing Flugzeugwerke. Der Gründer, William E. Boeing, war der Sohn von deutschen und österreichischen Eltern (hiessen eigentlich Böing). Die ersten Flugzeuge wurden aus Holz gefertigt, bald jedoch aus Metall. Das ganze ist etwas langatmig dargestellt und fesselt mich deshalb nicht so.
Zur Geschichte der Luftfahrt gibt es schon spannendere Informationen. Besonders beeindruckt bin ich davon, dass das erste motorisierte Flugzeug 1903 zum ersten Mal abhob (Gebrüder Wright), und 1913 wurden schon regelmässige Post-Flüge durchgeführt in den USA. Also innert 10 Jahren hat sich das ganze massiv entwickelt.
Es werden auch Persönlichkeiten der Fliegerei vorgestellt. Ich konzentriere mich auf die Frauen (natürlich), die erste Airmail-Pilotin war 1913 Katherine Stinson (1891 - 1977), sie flog auch als erste Frau einen Looping. Vorgestellt wurde auch Amelia Earhart, geboren 1897, sie flog 1932 allein über den Atlantik. Als sie 1937 probierte, die Welt zu umfliegen, verschwand sie spurlos und wurde 1939 für tot erklärt.
Natürlich schaue ich mir dann auch noch Flugzeuge an, aber meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Stephan's nicht. Er ist von der Ausstellung zum zweiten Weltkrieg gefesselt und kann hier noch viel Zeit verbringen.
So fahre ich schon mal mit dem Bus zurück ins Stadtzentrum und vertreibe mir meine Zeit im Macy's. Da hat's doch auch viel Spannendes zum Entdecken...
Gegen Abend treffen wir uns dann wieder im Hotel. Schnell umgezogen, und schon wartet unsere Abendunterhaltung auf uns. Im nahen Theater "Triple Door" spielt heute Abend David Knopfler. David Knopfler war Gründungsmitglied der Dire Straits, er ist der Bruder von Mark Knopfler. Als David Knopfler vor einiger Zeit bei Live-in-Cham spielte, haben wir ihn leider verpasst. Also packen wir die Gelegenheit, und sehen ihn in Seattle.
Das Theater ist gleichzeitig auch ein Restaurant, d.h. man sitzt an kleinen Tischen mit Blick auf die Bühne. So können wir hier auch grad zNacht essen.
Das Konzert gefällt uns beiden sehr gut. Die Stimmung ist sehr locker, David Knopfler gibt viele witzige Kommentare zu seinen Songs und die Musik ist toll. Musik-Stil und die Stimme von David Knopfler sind allerdings sehr ähnlich zu seinem Bruder Mark.
Dienstag, 14. Mai
Strahlender Sonnenschein erwartet uns nach dem Aufwachen. Wie toll, dass der Wetterbericht wieder einmal falsch lag! So führt unser Weg als erster zum Wassertaxi am Pier 50, dieses bringt uns innert 15 Minuten nach West-Seattle.
Wer hier nicht auf dem Wasser war, der war nicht in Seattle - so sagen die Einheimischen. Und wirklich, es lohnt sich, hier zu sein. Nicht nur haben wir eine tolle Sicht auf die Skyline, nein, es ist auch viel los, es gibt die ganze Zeit etwas zu sehen. Fähren, Wassertaxis, im Hafen steht das Kreuzfahrtenschiff Carnival Miracle, ab und zu startet oder landet ein kleines Wasserflugzeug. Auch am Himmel ist ein ständiges Kommen und Gehen, der Flughafen ist ja nicht weit. Auch sind viele nagelneue Flugzeuge der Boeing-Werke auf ihren Testflügen über Seattle unterwegs. Der Uferpromenade entlang schlängeln sich auf der doppelstöckigen Strasse die Autos (hässlich anzusehen), und später sehen wir dann im Wasser auch wieder Seelöwen auf einer schwimmenden Plattform.
Nachdem uns das Wassertaxi wieder zurückgebracht hat, entscheiden wir uns zur Teilnahme an einer Underground-Tour. Diese dauert 75 Minuten und führt uns in den "Untergrund" von Seattle.
Seattle wurde 1851 gegründet, auf einem recht steilen Abhang mit schlammigem Boden. Die Stadt prosperierte durch den Holzhandel. Nach Einführung der Toilette mit Wasserspülung gab es ein Problem, da die Spülung nur bei Ebbe bestimmungsgemäss funktionierte. Bei Flut kehrte sich die Funktionsweise um...
Als am 6. Juni 1889 Seattle niederbrannte, ergriff man die Gelegenheit, diesem Problem Abhilfe zu verschaffen. Die Stadträte beschlossen, die Strassen um ein Stockwerk höher zu legen. Die Gebäude erhielten nun alle einen Eingang im Erdgeschoss und einen im ersten Stock. Der obere war der schönere. Es wurden entlang der Strassen Stützmauern errichtet, die mit Schutt und Erde aufgefüllt wurden. Darin waren die Wasserleitungen verlegt. Und darauf wurden die neuen Strassen angelegt. Die Gehsteige waren jedoch immer noch auf tieferem Niveau als die Strassen (deshalb die beiden Eingänge). Man musste also von der Strasse mit Leitern hinuntersteigen zum Gehsteig, um in die Häuser zu gelangen. Schliesslich wurden dann auch die Gehsteige auf dem oberen Niveau gebaut. Es wurden Glasböden eingebaut, damit auch der untere Gehsteig Tageslicht hatte, so konnten beide Gehsteige benutzt werden.
Die Räume im Untergrund wurden dann jedoch immer mehr für zwielichtige Geschäfte gebraucht. Opium- und Spielhöllen und illegale Lotterien gab es hier. Obdachlose fanden hier Schutz vor Wind und Wetter.
Man ging dazu über, nur noch die normalen Strassen und Troittoirs zu benützen. Der Untergrund ging vergessen, bis dann 1965 das geschichtliche Interesse daran wieder erwachte. So kann man heute also in einer geführten Tour in den Untergrund hinabsteigen, durch die Erdgeschosse der ehemaligen Hotels und Geschäfte laufen und die Trottoirs von unten anschauen (man sieht sogar, wie die Leute durchgehen).
Unsere Führerin hat viel Witz und macht das sehr gut, nur leider nicht so verständlich für uns. Wir erfahren deshalb an der Führung selber nicht wirklich viel über diese merkwürdigen Zustände, die hier herrschten.
Als wir dem Untergrund wieder entfliehen, ist das Wetter immer noch gleich toll. Wir packen die Gelegenheit beim Schopf und gehen ins Columbia Center - hier hat es im 73. Stock eine Aussichtsplattform (mit Fenstern). Ja ihr lieben Blogleser, wir waren schon wieder auf einem Turm, wir bedauern es, euch zu langweilen. Aber irgendwie ist es für uns gut, den Überblick zu haben.
Die Aussicht ist beeindruckend. Wir sind hier auf 328 m über Meer, wir überblicken den ganzen Hafen und sehen vor allem auch den Mt. Rainier (Hausberg von Seattle, 4300 m hoch) wie er über dem Himmel schwebt. Das sieht wirklich sehr speziell aus. Auch auf die bekannte Seattler Space Needle schaut man von hier hinunter.
Die schauen wir uns grad mal noch aus der Nähe an, wir fahren mit dem Monorail hin. In diesem Quartier, wo die Space Needle liegt, gibt es auch sehr viele Museen und schöne Restaurants. Während Stephan eine Foto-Runde dreht, besuche ich kurz die Ausstellung des Glas-Künstlers Dale Chihuly. Dieser ist anscheinend weltbekannt und wurde in der Nähe von Seattle geboren. Die Ausstellung zieht mich sofort in ihren Bann, die Glasobjekte sind fantasievoll und die Farben berauschend.
Im Café Tilikum Place wird uns ein sehr feines zNacht serviert. Das Lokal mit Wänden aus dunkelroten Backsteinen, dunkeln hölzernen Buchregalen gefüllt mit Büchern und Wein, Geschirr und Pflanzen, ist sehr gemütlich und wir geniessen die ruhige Atmosphäre. Es war ein langer Tag mit vielen Eindrücken.
Mittwoch, 15. Mai
Eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Seattle ist der Pike Place Market. Er besteht seit 1907 und wurde aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen Bauern und Grossabnehmer gegründet. Die Bauern erhielten immer weniger Geld für die Produkte, die Konsumenten mussten immer mehr bezahlen, reich wurde der Zwischenhändler (middleman). So entstand der Markt unter dem Motto "Meet the producers".
Bei Hotelplan besuchte ich die interne Verkaufsschulung FISH!. Viele der darin vermittelten Ideen entstammten von diesem Markt. So fallen die Fischverkäufer an einem bestimmten Fischstand durch ihre gute Laune und die Art, sich die Fische zuzuWERFEN auf. Dadurch gewann dieser Fischstand immer mehr Kunden und ist bis heute die Attraktion des Pike Markets.
Um das ganze etwas näher kennenzulernen, habe ich eine zweieinhalbstündige Marktführung mit Essenshäppchen gebucht. (Seattle BITES Food Tours) Unsere Führerin erzählt von der Geschichte des Marktes, zeigt uns den ersten Starbucks, und lädt uns in vielen kleinen Ständen ein, etwas hier Gekochtes zu probieren. Crêpes mit Schokolade, Lachs, Indisches Chicken mit Safranreis, Muschelsuppe, Würste mit Sauerkraut usw. Ein buntes Mischmasch, aber alles sehr fein und sehr frisch. In einer kleinen Strasse ist hier auch der schrecklichste Punkt Seattle's, nämlich eine Gasse voll mit alten Kaugummis an den Wänden. Hunderttausende müssen das wohl sein. So gruusig.
A propos Starbucks. Wie gesagt, der wurde hier in Seattle gegründet. Mittlerweile gibt es in dieser Stadt wohl keine Kreuzung ohne mindestens einen Starbucks. Auch innerhalb der anderen Geschäfte, Banken usw., überall hat es Starbucks. Auf dem Foto das Logo des ersten Starbucks, es ist nur noch hier zu sehen:
Ich für meinen Teil bin also verpflegt. Stephan hat an diesem Morgen/Mittag nichts zu Essen bekommen, dafür umso mehr Musik. Er war im EMP Museum (Experience Music Project). Paul Allen, Mitbegründer von Microsoft, ist der Geldgeber für dieses Museum. Hier gibt es Ausstellungen zu Jimi Hendrix und Nirvana. Sowohl Jimi Hendrix wie auch Curt Cobain (Sänger von Nirwana) sind in Seattle aufgewachsen und werden hier gewürdigt.
Im oberen Stockwerk erhalten die Besucher sehr gut gemachte praktische Einführungen im Schlagzeug-, Gitarren- und Keyboardspielen und können das Gelernte auch gleich in adhoc-Jamsessions umsetzen.
Der Blickfang des Museums ist der Gitarrenturm. Hier sind Hunderte von Gitarren zu einem Turm arrangiert. Einige davon sind elektromechanisch ausgerüstet und spielen auf Knopfdruck live ein Musikstück.
Zu diesem Museum gehört auch ein Bereich für Science Ficton und Gruselfilme. Darin sind unter anderem einige Original-Accessoires der urspünglichen Fernsehserie Star Trek (bei uns Raumschiff Enterprise) aus den Sechzigerjahren ausgestellt. Hier zum Beispiel das Kostüm von Lieutenant Uhura
Den Nachmittag fahren wir dann gemeinsam zum Hauptsitz von Microsoft nach Redmond, dort gibt es das Microsoft Visitors Center. Hier ist etwas weniges zur Geschichte von Microsoft ausgestellt, wie hier der erste "Personal Computer" mit Software von Microsoft (Altair 8800 von 1974).
Sehr ergiebig war die Ausstellung aber nicht, so sind wir ziemlich schnell wieder auf dem Rückweg.
Für das Nachtessen haben wir uns diesmal ein feines Restaurant ausgesucht, das McCormick & Schmick's, mit ausgezeichneter Küche und nettem Service. Und es hat sogar Espresso hier, oh Wunder. Danach schauen wir uns im Triple Door Theater ein skurriles etwas schräges Musical mit der Geschichte von Alice im Wunderland an.
Donnerstag, 16. Mai
Heute wird es Zeit, nicht nur Seattle, sondern auch die USA zu verlassen. Zuerst aber wollen wir uns noch die Boeing-Werke anschauen. Die liegen nämlich gerade auf unserem Weg. Mit unserem Mietwagen fahren wir los, gut 30 Minuten später sind wir bereits in Everett, wo die Boeing Werke sind. Das Fabrikgebäude der Boeing Werke ist auch das grösste Gebäude der Welt (ca. 400'000 m2 Grundfläche = ca. 60 Fussballfelder). Es ist von der Fläche her gross, und nicht besonders hoch. Dadurch wirkt es gar nicht so riesig. Es stehen hier auch viele Flugzeuge herum, unter anderem der Dreamlifter, der zum Transport von grossen Flugzeugteilen zwischen den verschiedenen Produktionsstandorten genutzt wird.
Die Führung führt uns kreuz und quer durch das Fabrikgebäude, via Versorgungstunnels und riesige Warenlifte erreichen wir die verschiedenen Aussichtsterrassen oberhalb der Hallen. Unser Führer erzählt deutlich und lustig, wir sehen, wie einzelne Bestandteile gefertigt werden (z.B. die Nase) und wie ganze Flugzeuge zusammengesetzt werden (Boeing 747-8, 777, 787)
Im Besucherzentrum (Future of flight) gibt es dann noch Interessantes zur Entwicklung der Flugzeuge und z.B. zu den verwendeten Werkstoffen (z.B. Kohlenstofffasern für die neue Boeing 787) zu sehen, oder auch ausgestellte Triebwerke und Cockpits.
Die anschliessende Fahrt, nochmals etwa 90 Minuten bis zum Flughafen Bellingham, verläuft problemlos. Hier können wir unser Auto zurückgeben. Danach fahren wir mit dem Quick-Shuttle-Bus in zweieinhalb Stunden nach Vancouver. Der Grenzübertritt ist so vollkommen unproblematisch, wir müssen mit unserem gesamten Gepäck aussteigen, und nach der Kontrolle wieder einsteigen. Das dauert keine Viertelstunde. In Vancouver werden wir direkt vor unserem Hotel ausgeladen.
Es ist ein toller Abend in Vancouver, wir geniessen unseren kleinen Balkon mit Sicht über die Bucht. Unser Zimmer liegt im 23. Stock, da haben wir wieder einmal Glück gehabt. Es ist ein sehr kleines Appartment mit Wohnzimmer, Küche, Bad und Schlafzimmer, ein bisschen älter, aber die Aussicht macht alles wett!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen