Sonntag, 26. Mai
Die restlichen Tage unserer Ferien verbringen wir alle in der Nähe des Sankt-Lorenz-Stroms. Wir verlassen den dunklen regnerischen Wald nach dem zMorge und fahren nach Trois-Rivières. Von hier aus wollen wir auf dem Königsweg (Chemin du Roy) nach Québec-City fahren. Der Königsweg ist die älteste befestigte Landstrasse Kanadas. Sie verbindet seit 1737 die Städte Montréal, Trois-Rivières und Québec-City. An dieser Strasse liegen viele malerische Dörfer mit alten Holzhäusern und viele Kirchen. Diese sind mit den hellen Türmen sehr hübsch, auch die Holzhäuser sind in einem speziellen Stil gebaut, alle haben vor der Eingangstüre eine Treppe (manchmal nur zwei, drei Stufen) und eine Veranda. Oft stehen hier ein, zwei Stühle bereit, wohl für einen Tratsch mit dem Nachbarn, und oft zieren Blumen und schöne Geländer die Verandas. Es sieht sehr einladend aus.
Wir machen einen Abstecher zum Wallfahrtsort "Le Sanctuaire Notre Dame du Cap". Diese grosse Kirche wurde 1964 fertiggestellt und ist durch ihre Orgel und die schönen Glasfenster bekannt. Bei unserem Besuch findet grad ein Gottesdienst statt, da werfen wir nur einen kurzen Blick in das Kircheninnere. Es scheint auf jeden Fall ein beliebter Wallfahrtsort zu sein, es hat riesige Parkplätze, ein grosses Restaurant und auch einen grossen Verkaufsladen. Hier kann man "lampions du pape" kaufen, was das wohl ist?
Am späteren Nachmittag treffen wir in unserem Hotel in Québec ein, das Hotel Auberge Saint Pierre. Wir erhalten ein schön grosses, helles Zimmer im ersten Stock.
Bald machen wir uns auf, einen ersten Blick auf die Stadt zu erhaschen.
Unser Hotel liegt in der Unterstadt (Höhe des Sankt-Lorenz-Stroms). Hier in diesem Quartier ist die Geburtsstätte von Québec. Es hat einige schöne alte Natursteinhäuser, schmale Gässchen mit vielen Touristenläden (auch am Sonntag geöffnet!) und hübsche Restaurants. Beim Italiener um die Ecke gibt's grad mal ein frühes zNacht.
Das Berühmte an Quebec ist jedoch die Oberstadt, die man mit einem Schräglift oder zu Fuss erreichen kann. Wir marschieren die paar Treppen hinauf und es eröffnet sich uns ein fantastischer Blick auf das von den letzten Sonnenstrahlen des Tages beleuchtete Château Frontenac.
Die Altstadt von Québec gehört zum Unesco-Weltkulturerbe, uns ist auch klar, warum das so ist. Einerseits ist Québec wirklich alt, d.h. die Stadt wurde bereits 1608 gegründet und ist damit die älteste Stadt Nordamerikas. Andererseits ist hier wirklich alles sehr hübsch zurechtgemacht, Blumen zieren die Häuser, die Plätze mit Kopfsteinpflaster mit ihren Restaurants sind sehr einladend, wir fühlen uns sofort wohl hier.
Montag, 27. Mai
Heute nehmen wir uns ausgiebig Zeit zur Erkundung der Stadt. Zum Ende unserer Ferien meint es Petrus nochmals gut, die Sonne scheint von einem fast wolkenlosen Himmel. Und gegen den kalten Wind kann man sich ja schützen.
Wir wollen unserer Nase nach bummeln, nicht dem Führer nach. Für einmal ist es egal, welches Haus wo ist, wie alt es ist und wer mal da gewohnt hat. Hier ist es so einladend, da geht man besser mal dem Gefühl nach.
In der Kirche Notre-Dame-des-Victoires (Unterstadt, beim Place Royal) hängt inmitten des Kirchenschiffs ein Schiff. Das finden wir grad noch ein bisschen speziell. Die Kirche wurde im 17. Jahrhundert gebaut und nach den Siegen der Franzosen gegen die Engländer in den Jahren 1690 und 1711 so getauft.
Das Château Frontenac wurde 1893 von der Canadian Pacific Railway erbaut als Unterkunft für die Bahnreisenden und ist bis heute ein Luxushotel.
Am Nachmittag unternehmen wir eine kurze Schifffahrt auf der "Louis Jolliet", einem umgebauten Fährschiff. In der Nähe von Quebec gibt es einen Wasserfall, den wollen wir uns vom Wasser aus anschauen. Während der Fahrt erzählt uns der Führer in fliessendem Englisch und Französisch einiges über die Geschichte der Region und über die umliegenden Gebiete. Sehr fesselnd erzählt und mit vielen guten Informationen und Geschichten gespickt. Der Wasserfall (Chute Montmorency) ist 83 Meter hoch und sehr beeindruckend, im Moment hat er wegen der Schneeschmelze sehr viel Wasser!
Auf der Rückfahrt sehen wir den Hafen und einen der grössten Getreidesilokomplexe der Welt mit ca. 100 einzelnen Silos. Hier wird das Getreide zwischengelagert bevor es auf Schiffe verladen und in die ganze Welt hinaus verschickt wird.
Nach der Schifffahrt schauen wir uns im Musée du fort eine kurze "Sound and light show" über die Geschichte Québecs an. Mit Hilfe eines Modells werden die verschiedenen Schlachten der Franzosen gegen die Engländer erklärt. Es gab verschiedene Schlachten (die Engländer waren in der Gegend um Boston stationiert), bis dann 1759 die Franzosen unterlagen. Die Franzosen waren besiegt, aber ihre Sprache und Kultur haben bis heute in Québec überlebt.
Rein sprachlich bin ich langsam froh, wenn wir wieder nach Hause kommen. Das Französisch hier ist irgendwie zuviel für mich - und wenn ich dann meine Worte zusammengesucht habe, erhalte ich auf Englisch Antwort. Was ja auch nicht das Gelbe vom Ei ist.
Wir setzen unseren Rundgang fort und schauen uns die Stadtmauern und die Zitadelle von Quebec an. Der Stadtmauer entlang kann man schön bummeln. Lustig - den ehemaligen Wassergraben benutzen die Quebécer heute als Parkplatz. Nun, warum auch nicht?
Wir haben einen schönen Blick auf den Sankt-Lorenz-Strom und können zuschauen, wie ein hochbeladenes Frachtschiff von einem Lotsen durch die verengte Stelle des Flusses geführt wird. Ich bin fasziniert davon, dass hier auf dem Sankt-Lorenz-Strom grosse Frachtschiffe bis Montréal durchfahren, und sogar auch grosse Kreuzfahrtenschiffe! Montréal ist nach New York sogar der zweitgrösste Hafen Nordamerikas. Wer hätte das gedacht! Genau genommen können die grossen Schiffe via Sankt-Lorenz-Seeweg sogar den mehr als 3700 km vom Meer entfernten Lake Superior erreichen.
Zum Tagesabschluss suchen wir uns ein feines Restaurant in der Altstadt. Das Essen ist so-so-là-là, leider sah es besser aus als es ist. Wir stellen uns schon langsam die Gerichte vor, die wir dann daheim kochen wollen....
Dienstag, 28. Mai
Der Wasserfall hat uns gefallen, den wollen wir uns heute als erstes nochmals aus der Nähe anschauen. Die Autofahrt ab Québec dauert nur etwa 15 Minuten. Der Fall ist in einer Art "Naturpark" eingeschlossen, d.h. man muss für die Besichtigung einen Eintritt von 11 CAD bezahlen. Der Wasserfall kann umrundet werden, links mit der Seilbahn hinauf, oben über die Fussgängerbrücke, rechts über die Treppe wieder hinunter. Das scheint eine rechte Touristenattraktion zu sein! Heute aber nicht, es sind nicht viele Parkplätze besetzt.
Wir begnügen uns mit dem Blick von unten und halb oben. Es ist recht beeindruckend, wie hier das Wasser hinuntertost!
Schon bald machen wir uns auf die Fahrt nach L'Isle-Verte. Dieser Ort liegt nordöstlich von Quebec, in der Nähe von Rivière-du-loup. Hier ist der Sankt-Lorenz-Strom schon 20 km breit.
Ab dem Ort L'Isle-Verte können wir mit der Fähre die Île Verte erreichen. Grad noch rechtzeitig sind wir da, um unsere Fähre zu erwischen. In gut 30 Minuten bringt uns die "La Richardière" vom Festland auf die Insel.
Auf dem Bild ist die Fähre am Einlaufen in den Hafen. Es haben darauf 6 Personenwagen Platz. Wir lassen jedoch das Auto und unser grosses Gepäck am Hafen, hoffen wir mal, dass es morgen noch da ist.
Wir sind schon sehr gespannt, was uns hier erwartet, und haben etwas gemischte Gefühle. Ich habe für uns eine Unterkunft im Wärterhaus des alten Leuchtturm reserviert, bewertet mit 2 Sternen, ein Zimmer mit Etagenbad... Also nicht ganz so, wie wir es uns bis jetzt gewohnt sind.
Nach der Überfahrt werden wir von Gérald Dionne abgeholt, er ist der Verantwortliche für unsere Unterkunft. Ich bin glaub noch nie in so einem rostigen, dreckigen und alten Auto gefahren wie heute! Gérald bringt uns zum Leuchtturm und zu unserer Unterkunft, wir wohnen im Leuchtturmwärterhaus. Unser Haus hat eine grosse Küche, einen Essraum für 16 Personen, ein Wohnzimmer und vier Schlafzimmer im Obergeschoss und ein Bad. Wir haben das ganze Haus für uns allein! Es wurde alles 2011 renoviert und ist in einem guten Zustand. Wir suchen uns das schönste Zimmer aus und deponieren unsere Sachen.
Es gibt hier auch noch das Assistenten-Leuchtturmwärterhaus, es hat 3 Zimmer und ist heute ebenfalls nicht belegt (ganz links auf dem Bild).
Gérald macht Kaffee und erklärt uns alles. Dann machen wir uns sofort auf den Weg zum einzigen Restaurant, das heute offen hat. Das alte klapprige Auto stellt uns Gérald zur Verfügung, wir können damit auf der Insel herumfahren. Er selber verlässt uns beim Hafen und fährt mit seinem Boot zurück aufs Festland. Morgen früh wird er wieder kommen und uns Frühstück machen. Er hat noch ein zweites Auto, mit dem er dann zu uns fahren kann (der Leuchtturm ist etwa 2 km vom Hafen entfernt). So haben wir also ein Auto zur Verfügung und obendrein grad auch noch zwei Velos, die für uns bereitstehen. Was soll man dazu sagen?
Wir sind an einem sehr speziellen Ort gelandet. Heute wohnen auf der Île Verte nur gerade mal etwa 30 Personen ständig. Es hat hier jedoch viele Ferienhäuschen, die sind aber jetzt Ende Mai meistens noch leer. Über die Insel führen genau zwei Strassen, eine quer, eine längs, beide nicht asphaltiert. Unsere Unterkunft beim "Phare" (Leuchtturm) liegt im Norden der Insel. Es gibt hier zwei Restaurants, zwei Museen und sonst nichts.
Das Restaurant unserer Wahl (oder eben nicht, weil es ja das einzige ist) heisst "Entre Deux Marées". Wir werden sehr nett begrüsst und auch das Essen ist sehr fein. Es gibt Reis/Tomatensuppe, Fisch mit Gemüse und Salat, und zum Dessert Tarte de sucre und Kaffee. Lecker - zum Glück, denn es gibt hier nur ein Menu zur Auswahl. Es kostet auch alles zusammen nur etwa CHF 42.00, da wollen wir doch nicht klagen!
Mit unserem Klapperauto fahren wir zurück in unser Häuschen und geniessen den schönen Sonnenuntergang. Morgen werden wir zu Fuss und per Velo die Insel erkunden. Es soll hier auch Wale haben (es gibt hier auch Ebbe und Flut, das Meer drückt schon herein), vielleicht haben wir ja Glück. Für Vogelliebhaber wäre es hier auf jeden Fall ein Paradies, davon gibt es jede Menge.
Mittwoch, 29. Mai
Gérald macht uns zum zMorge Crêpe mit Käse, Äpfeln und Ahornsirup, dazu Butterbrot, Kaffee und Saft. Sehr fein! Er offeriert uns, die Velos und uns beide mit seinem Auto bis ans Ende der Insel zu fahren, dann müssen wir nur von dort wieder zurückfahren. Natürlich nehmen wir dieses Angebot gerne an und machen uns sofort nach dem zMorge auf den Weg.
Im Auto weist er uns auf einige Sachen hin, wo z.B. die Schule früher war, wo die Krankenschwester ist etc. Er ist etwa 35 - 40 Jahre alt und hat fast sein ganzes Leben auf der Insel gewohnt. Nun hat er ein Haus auf der Insel und eines auf dem Festland. Seine drei Kinder wären die einzigen Kinder auf der Insel und können nun nicht mehr da zur Schule gehen. Früher waren es viele Kinder, erzählt er uns ein bisschen wehmütig.
Die Insel hat ein sehr rauhes Klima, es windet die ganze Zeit. Es scheint mir auch beim Velofahren die ganze Zeit aufwärts zu gehen, aber das täuscht natürlich. Wir fahren auf Höhe des Sankt-Lorenz-Stroms los und beenden die Fahrt auch wieder auf derselben Höhe :)
Es ist sehr grün hier, es hat viele Tannenbäume, und Grasland, wir sehen aber keine Tiere. Früher gab es hier Bauern, heute nicht mehr. Die Häuser verteilen sich über die ganze Insel, die meisten sind aus Holz, bunt gestrichen, mit schönen Gärten darumherum. Alles sehr gepflegt, mit Ausnahmen natürlich.
Der Sankt-Lorenz-Strom hat sich zurückgezogen, auf der Seite zum Festland ist nur noch ein ganz schmaler Streifen Wasser zwischen Festland und Insel. Ebbe und Flut sind also sehr stark spürbar, was vor allem auch für die Fähre grosse Folgen hat. Unsere Fähre zum Festland fährt heute genau vier Mal, am frühen Morgen (06.45 h und 08.15 h oder so), das wollen wir natürlich nicht, und dann erst wieder um 17.00 h und noch einmal später. Dazwischen kann die Fähre nicht fahren, weil es kein Wasser hat...
Uns bleibt also genügend Zeit für unsere Velofahrt und gemütliches Whale-watching. Hier soll es nämlich vom Mai bis Oktober viele Wale geben. Und tatsächlich, zwei Mal sehe ich einen Walrücken auf- und sofort wieder untertauchen. Zuerst glaube ich es fast nicht, weil es ganz nah ist, aber beim zweiten Mal ist es dann klar. Glück gehabt!
Zurück beim Leuchtturm geniessen wir die Ruhe, bis es Zeit ist zum Aufbruch. Wir fahren mit unserem Klapperauto zur Fähre, diese fährt heute pünktlich ab.
Zum Glück sind sowohl Mietwagen als auch Gepäck noch da, so können wir uns sofort auf die Rückfahrt machen in Richtung Québec. Wir schlafen heute etwas ausserhalb von Québec, in Saint-Antoine-de-Tilly. Die Fahrt dahin dauert auch wieder fast drei Stunden, die Distanzen sind halt nicht nur in Australien gross... Die Fahrt verläuft ohne Probleme, mit einem kleinen Stopp beim Subway, essen müssen wir ja auch noch etwas heute.
Wir werden erwartet und erhalten sofort unser Zimmer. Zum Glück, es ist bereits 21.30 h. So steht nun also unsere letzte Nacht bevor. Morgen nach dem zMorge müssen wir noch die Strecke zum Flughafen Montréal hinter uns bringen, nochmals gut drei Stunden. Und um 17.00 h Ortszeit startet bereits die Swiss in Richtung Zürich.
Wir werden also am Freitagmorgen in aller Herrgottsfrühe in Zürich landen. Dann kommen auch wir in den Genuss des so hochgelobten Schweizer Frühlings! Wir freuen uns natürlich auf das Heimkommen. Ein bisschen traurig ist es aber schon, dass nun diese lange geplante und ersehnte Reise schon zu Ende geht...
Daheim werden wir dann noch einen letzten Blog schreiben, mit einer Art Zusammenfassung unserer drei Monate. Danach werde ich mich dann vom Schreiben wieder mehr aufs Lesen verlegen, das mache ich ja auch gerne.